Gesundheitsminister Jens Spahn sagte vor kurzem: „Schenken Sie der Verkäuferin im Supermarkt ein Lächeln. Schenken Sie dem Lkw-Fahrer, der Tag und Nacht Waren für Sie fährt, einen freundlichen Wink. Und schenken Sie denjenigen, die gerade unter Stress für Ihre Gesundheit arbeiten, Geduld und Mithilfe“. Es geht ihm dabei um die Menschen, die in systemrelevante Berufen lohnarbeiten. Unter anderem sind das Menschen, die in der Pflege, bei der Post, im ÖPNV, bei der Müllabfuhr oder in der Logistik arbeiten, Ärzt*innen, Kassierer*innen, Putzkräfte, IT-Fachleute. Sie stehen in der derzeitigen SARS-CoV-2 Pandemie besonders im Fokus, da sie die Grundversorgung mit Essen, Strom, Wasser, Internet, Medizinische Versorgung, etc. am laufen halten. Wenn sie nicht mehr ihrer Lohnarbeit nachgehen können, da sie z.B. selbst erkranken, stellt dies ein großes Problem für unsere Gesellschaft dar.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich die systemrelevanten Berufe in einer Studie genauer angeschaut. Sie haben untersucht, wie angesehen diese Berufe in der Gesellschaft sind; wie hoch sie entlohnt werden und wie diese zwischen Frauen und Männern aufgeteilt sind. Zusammengefasst kam dabei heraus, dass diese Berufe ein schlechtes Ansehen haben und zudem unterdurchschnittlich bezahlt werden. Außer es ist Krisenzeit – dann wird auch einmal geklatscht und zurück gelächelt. Zudem stellt das DIW fest, dass diese Berufe zu 75 % von Frauen ausgeübt werden¹.
Frauen sind meist mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt. So verdienen Frauen durchschnittlich 20% weniger als Männer², da sie oft schlechter bezahlten Berufen nachgehen. Auch wenn Frauen die gleiche Ausbildung haben und dieselbe Lohnarbeit ausüben wie ihre männlichen Kollegen, bekommen sie immer noch 5% weniger Lohn². Dieser Lohnunterschied wird Gender Pay Gap genannt. Dazu kommt, dass viele Arbeiten, die Frauen machen, gar nicht bezahlt werden und somit keine anerkannte Lohnarbeit sind. Darunter zählt z.B. die Care-Arbeit. Unter Care-Arbeit werden Aufgaben, wie die (eigene) Kindererziehung, für andere da sein, sich um Angehörige kümmern und sie pflegen, Essen kochen oder etwa die Wohnung putzen zusammengefasst³. Darüber hinaus sind Frauen am Arbeitsplatz einem höheren Risiko sexueller Belästigung ausgesetzt⁴. Schwarze Frauen, Women of Color oder Menschen mit Migrationshintergrund berichten zudem von Diskriminierungserfahrungen aufgrund von Rassismus⁵.
Offensichtlich wird sich von einem Lächeln oder abendlichen Applaus an dem Leben der Menschen nicht viel ändern. Es ändert nichts daran, dass Menschen diskriminierende und verletzende Erfahrungen bei der (Lohn-)Arbeit machen, und die Miete kann davon auch keine*r bezahlen.
Es braucht Arbeitskämpfe! Für gleiche, aber vor allem höhere Entlohnung. So werden Held*innen auch zu Held*innen, auch wenn die Pandemie vorbei ist und die Miete kann davon unter anderen auch gezahlt werden.
Es braucht feministische und antirassistische Kämpfe! Damit alle Menschen, sicher und ohne Angst vor Diskriminierung, leben und arbeiten können.
Es braucht Solidarität! Damit die Menschen bei ihren Kämpfen, z.B. bei einem Streik oder Abwehr von Übergriffen nicht alleine dastehen.
¹ https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.743854.de/diw_aktuell_28.pdf (18.04.2020)
² https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/03/PD20_097_621.html (18.04.2020)
³ https://www.sueddeutsche.de/leben/care-arbeit-bezahlung-1.4823395 (18.09.2020)
⁴ https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/sexuelle-belaestigung (18.09.2020)
⁵ https://www.zeit.de/arbeit/2020-01/rassismus-job-arbeitsplatz-alltag-diskriminierung-kollegen (18.09.2020)